Es war der Beginn einer Beziehung der ständigen Förderung und Ermunterung, und zuletzt, Jahre vor seinem Tode, der herzlichen Freundschaft; zusammen mit der Güte, die mir Alfons Nehring in den Anfängen meiner bundesdeutschen Zeit entgegenbrachte, war das Erlebnis von Brandensteins Lehrertum für mich prägend: es verpflichtete mich für mein ganzes Leben, hochbegabte junge Menschen mit aller  Kraft zu fördern - wobei das Risiko in Kauf genommen werden mußte, daß ich auch einige Unwürdige eine Zeitlang gefördert habe.

War die menschliche Seite dieses Lehrers als uneingeschränkt bejahenswert und zu lebenslanger Dankbarkeit verpflichtend, so hatte unser Lehrer-Schüler-Verhältnis im Fachlichen seine assimilierenden und dissimilierenden  Wirkungen - so, wie es bei jeder guten Schülerschaft sein soll. Um mit dem Positiven zu beginnen: Als Trubetzkoy-Schüler unterrichtete Brandenstein mit einer Selbstverständlichkeit, die manchen
deutschspachigen Indogermanisten bis heute abgeht. die Phonologie; er wies immer wieder - als Etruskologe - auf die Notwendigkeit der Beschäftigung mit nicht-indogermanischen Sprachen hin und gab mir die unschätzbare Anregung, als mein zweites Rigorosenfach vergleichende  Semitistik zu studieren; sogar Eduard Sievers` seltsame Spät-Theorie, die Schallanalyse, brachte er seinen Studenten in überaus lebendigen praktischen Übungen nahe. So war für mich allgemeine, strukturell-kontrastive Sprachwissenaschaft in meinen bildsamsten Jahren nie ein Gegensatz zur Indogermanistik - weshalb ich die existenzbedrohende Feindschaft zwischen diesen beiden Betrachtungen des Sprachlebens nie verstanden habe, die in meiner bundesdeutschen Zeit, in den fünfziger und sechziger Jahren, mit aller Heftigkeit ausbrach; sie ist heute glücklicherweise überwunden. -
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